Samstag, 22. Oktober 2011

Fliedergeschichten

"Sagmal, weinst Du, oder ist das der Regen..." - "Dee. Schab Schtupfed." entgegnete Flida Kahlo schroff und warf ihren schwarzen Zopf linkswärts über die Schulter. Christopher-Eugen zwirbelte verlegen die Kordel seines Hasenbeutels. Was seine halb-vietnamesisch-halb-chilenische Mitschülerin nicht wusste, war, dass sich darin eine mumifizierte Hasenpfote befand.
Bei Gelegenheit würde er sie damit beeindrucken.

Samstag, 8. Mai 2010

Ansiktsburk

In Schweden lacht man schon seit Jahren über ein türkisches Musikvideo, das die Gesichtsdose ("Ansiktsburk") besingt - gemäss des hiesig bekannten Agathe-Bauer-Effekts. Was auf türkisch wohl durchaus romantisch klingen mag, wird mit schwedischen Untertiteln zur nationalen Lachnummer. Und so nebenbei lernen wir, dass man in den Automaten im Supermarkt, auf dem "Burkar" steht, keine staubigen Kleidungsstücke, sondern leere Getränkebehälter in den Fressschlitz stecken soll.
In Belgien soll heuer die Gesichtsdose verboten werden. Warum eigentlich? Weil sich im 16:2-Format (wie in Frankreich geschehen) schlecht autofahren lässt? Ihr Flamen habt wieder so gar nicht nachgedacht, macht es doch wie die Saudis, die Frau gehört gar nicht erst ans Steuer.
Oder liegt es an den belgischen Bankbeamten, die jedesmal das Muffensausen bekommen, wenn sie die Identität ihrer verhüllten Kundinnen feststellen müssen? "Bitte, können Sie sich identifizieren?" Die albtraumpotentielle Antwort, vor der man sich nämlich mindestens wie vor Allahs Zorn (als Dank für diese Glosse) fürchten müssste, wäre die folgende:
[Chhh...pffff] Ich...[chhh] bin...[chhh.. pfff] deine...[chhh] Mutter!

Montag, 11. Mai 2009

Kinderarbeit und Nippelsocken

Über Kinderarbeit wurde ja schon viel geschrieben, wozu also das Ganze?
Nunja, ich besitze ja diese Nippelsocken. Und ich mag sie. Keine andere Socke bietet mir mehr Sicherheit als die Nippelsocke, denn, wo ich frueher im Suff auf dem gebohnerten Parkett ausrutschte, auf die Colaflasche fiel und mir den Hals just in den Allerwertesten rammte (die Ärzte in der Notfallaufnahme besitzen bebilderte Beweise), bietet mir die Nippelsocke eine unvergleichliche Rutschfestigkeit.
Bis vor kurzem war ich noch der Meinung, dass Nippelsocken nur für Kinder unter 10 Jahren erhältlich seien. Das ist natürlich falsch. Richtig ist, dass Nippelsocken von Kindern unter 10 Jahren HERGESTELLT werden, und zwar wie folgt:

1. Zu arg verbleite chinesische Plagiate von Barbiepuppen werden in riesigen Mengen nach Pakistan importiert
2. In parallel verlaufenden Produktionsstrassen werden den Barbies von pakistanischen billigen Arbeitern und Arbeitern (in Pakistan gibt es aufgrund des ausgeprägten Patriarchats keine 'Innen'-Form) die Brüste abgeschnitten und auf die Socken geklebt
3. Die Dolls werden nicht entsorgt, nein-nein, weitere Arbeiter pimpen die vermeintlich entstellte Barbie mit etwas Narbenfarbe wieder auf, so erreicht irgendwann die nächste Charge des Barbiemodells 'Mammalkarzinom' die USA.

Ich habe ja von Wirtschaft nicht viel Ahnung, aber eine Regel, die auch schon meine Oma proklamierte, ist die, dass man in Zeiten der Wirtschaftskrise nichts wegschmeisst.

Samstag, 18. April 2009

Hinter der Burg

Nach der Führung ins Bergwerk wollten wir unbedingt noch die Burg besichtigen. Wir hatten ausserhalb der Stadt in einem Park an einem kleinen See genächtigt, es war eine warme Nacht gewesen. Der ehemalige Minenarbeiter erklärte uns in breitem Westfälisch, wo die Burg zu finden war. Der Komplex war riesig, aber grösstenteils verfallen. Es türmten sich gigantische, moosüberwachsene Quader, dazwischen schlängelten sich ausgetretene Pfade im Gras.
Hinter dem Burgareal erstreckte sich die Innenstadt. Was einst ein reiches Viertel gewesen sein musste, war nun heruntergekommen, in den dunklen Gassen strichen düstere Gestalten herum, die einem teils Drogen anboten, oder mit verzerrtem Gesicht und einer Spritze in der Hand verängstigte Passanten um einige wenige Euro erpressten - wenn man sie denn ernstnahm. Wir zogen zunächst unbeirrt durch eine der dunklen Gassen, dann aber wurden die Gestalten zunehmend aggressiver, betatschten uns, zahnlose Mäuler reckten sich uns entgegen, es war einfach nur grauenhaft. So waren wir froh, als sich plötzlich ein Kellereingang öffnete und uns eine adrett gekleidete Dame, die Vertrauen zu erwecken schien, winkte und uns Rettung vor dem Pöbel suggerierte.
Nach dem ersten Verschnaufen erreichte uns das Erstaunen: Der nach unten führende Gang war mit einer edlen, schwarzgoldenen Tapete ausgekleidet, es ertönte Musik, wir befanden uns offensichtlich in einem Club. Unzählige gut gekleidete Gäste strichen um uns herum, lachten, genossen Drinks und bunte Süssigkeiten, die auf den im ganzen Raum verteilten Stehtischen angeboten waren.
Nach einigem belanglosen Geplänkel mit unserer Retterin wurde die Unterhaltung etwas familiärer, man fragte interessiert nach unserer Herkunft, und zeigte uns proaktiv, was der Club so zu bieten hatte, inklusiv Prospekte von Wohnungen, Strandferien, Vehikeln... Offensichtlich alles sehr günstig, die schliessliche Frage nach dem Woher, Warum und Wie der Finanzierung blieb uns zunächst unklar, bis wir an einer Theke im hinteren Teil des Raumes angelangt waren.
Unsere nette Begleitung erklärte uns, dass jeder einen kleinen Mitgliederbeitrag entrichte, und sich mit einem Fingerabdruck registrieren lassen müsse. "Wir haben hier ein sehr modernes System", sagte sie, und deutete auf ein kleines schwarzes Gerät mit einem kleinen Glasfenster und einem Griff, der entfernt einem Pistolengriff ähnelte. Anstatt am Abzug lag ihr Finger auf einem kleinen roten Knopf, während Sie uns das Gerät fröhlich lächelnd entgegenhielt. Auf dem Display flimmerte eine geringe Summe, darunter ein kleiner scrollender Werbezug mit der Firmeninschrift.
Was dann geschah, ist der Grund dafür, dass ich mich bis heute nicht an den Firmennamen erinnern kann. Es hatte System.

Als ich meinen Finger auf das gläserne Auge hielt, ging alles blitzschnell:
es wurde schmerzhaft heiss, mein Finger leuchtete rot auf, und ich zog ihn reflexartig weg. Gerade noch nahm ich wahr, dass die Glasscheibe beiseite geschwenkt sein muss, und durch eine metallene Fläche mit der Struktur eines Mikrochips ersetzt worden war. Dann umfasste mich Dunkel, ich nahm nur noch blecherne Wortfetzen war. Unsäglicher Kopfschmerz verbreitete sich, nach wenigen Sekunden verliess mich das Bewusstsein.

Ich blickte in die Augen eines ausdruckslosen Gesichts, als ich wieder zu mir kam. Meine Sinne schienen eingeschränkt zu funktionieren, mein Sichtfeld glich dem eines Pferdes mit Scheuklappen. Der Mann sagte: Du musst nun in deine Wohnung.

Ich begriff, dass ich ihm gehorchen musste. Dass er für mich sorgte und mir Gutes tat, denn er war mein Freund. Ich folgte ihm, entlang einer Wand aus wabernden Vorhängen. Dann gebar mein Gehirn nur noch surreale Fetzen einer Sinnesreise, die Vorhänge wichen blutig getränkten Verbänden, ich schien, durch ein Loch in einer Wand aus Müll zu kriechen. Aus der Wand des Lochs ragten Spritzen und andere medizinische Gerätschaften, sie standen allerdings nach innen, so dass ich ohne Verletzung durch das Loch rutschte. Jegliche Versuche, sich rückwärts zu bewegen, wurden allerdings mit stechenden Schmerzen bestraft. Schliesslich gab mich der gigantische Darm aus Krankenhausabfällen frei. Ich konnte in dem sich vor mir öffnenden Raum gerade sitzen, vor mir ein mit Gitterstäben versehenes Fenster, das den Blick nach draussen freigab, und etwas Licht hereinliess.

Ich hatte keinerlei Erinnerung an irgendwelche Details, oder irgend eine Erklärung dafür, was meine momentane Situation betraf. Ich war auch kaum in der Lage nachzudenken, etwas hemmte meine Denkfähigkeit. Ich erinnerte mich nur noch an Kafkas Käfer, ein Gedanke, an dem ich mich derart festklammerte, dass ich schliesslich davon überzeugt war, ein Käfer zu sein, und mich auch so zu fühlen.

Die Zeit, die in diesem Verlies verstrich, konnte ich nicht messen. Ich habe keinerlei Erinnerung daran, wie ich ernährt wurde, verstand die Vorkommnisse des 'Draussen', das ich durch mein kleines Fenster wahrnehmen konnte, nicht, nur, dass sie sich im Laufe der Zeit änderte. Es hätten Jahre gewesen sein können.

Durch mein kleines Portal zur Aussenwelt zeigte sich mir fortwährend ein Ampelsystem. Automatisierte Fahrzeuge glitten auf vielen Ebenen, teils am Boden, teils an Drähten in der Luft voran, hielten sirrend an, entliessen Läufer. Die Läufer schienen mir insektoide Roboter zu sein, mit facettenartigen Sensoren, langen Gliedmassen. Ob diese Wahrnehmung durch mein geglaubtes Dasein als Käfer bedingt war? Ich weiss es nicht.
Nur, dass ich mich irgendwann freute, ein menschliches Gesicht zu erkennen.
Es waren vier oder fünf Frauen. Sie tauchten vor meinem Fenster auf, als sich das Design des Ampelsystems längst verändert hatte, auch die Läufer waren weniger geworden, wichen menschlichen Wesen.
Sie hätten hübsche Gesichter gehabt, wenn selbige nicht durch unzählige, grosse rötlich-klumpige Pickel verunstaltet gewesen wären. Durch meine vernebelten Sinne war ich gerade noch in der Lage, einfache Fragen zu verstehen, jedoch nicht zu antworten. Ich verstand, dass sie, aufgrund einer eigentlichen Krankheit, die eine gewisse Immunität gegenüber einem (mir unverständlichen) gewissen Sachverhalt bedingte, meine Situation wahrnehmen konnten. Ich begriff, dass dies die Einleitung zu einer Befreiungsaktion war.

So gab mich schliesslich der - vermutlich vor allem mentale - Kerker frei. Der Chip wurde mir entfernt, ich litt unter gelegentlicher Amnesie, jedoch kehrten nach und nach alle Erinnerungen zurück. Bei den nachfolgenden Untersuchungen war ich jedoch nicht sehr hilfreich, ich taugte weder als Zeuge, noch als Ankläger - nicht einmal einen Angeklagten hätte es geben können, der Ort, wie auch der Name des Clubs oder der Firma blieb in einem Erinnerungs-Tresor verrammelt.

Bis zu dem Tag, als es mir jäh im Kopf aufflammte: Die Burg. Die dunkle Gasse. Der Hauseingang. Die Burg war der eigentliche Schlüssel!
Ich informierte den Trupp. Irgendwo in den oberen Reihen der Leitung meiner Befreiungsgruppe wurde ein geheimer Plan ausgearbeitet. Ich durfte davon offensichtlich nichts wissen, da unbekannt war, inwieweit ich zuverlässig 'funktionieren' würde. Da kein Name, kein gar nichts bisher bekannt war, wusste man nicht, mit wem man es zu tun hatte.
Man stellte mir also nur eine Begleitung zur Verfügung. Wir starteten bei der Burg, die inzwischen weiter verfallen war, und arbeiteten uns langsam vor. Man liess mir unglaublich viel Zeit, meine Begleitung bewies eine Engelsgeduld, während ich mich immer wieder gemeinsam mit ihr verirrte, und wir zurück zum zuletzt bekannten Punkt spazierten.
Schliesslich schien die assoziative Taktik aufzugehen: Es war die Gasse, in der sich die Drogensüchtigen tummelten. Mit einem Mal war es alles wieder da, die schmutzigen Finger, die nach einem griffen, die gelallten Betteltiraden, der Gestank...

Die Rechnung ging auf. Es war genau derselbe Eingang. Wir gingen an den Tischen vorbei, man scharwenzelte um uns herum, überflutete uns mit Reizen. Die Spannung, unter der meine Begleitung stand, war zu spüren: Ich wurde intensiv beobachtet, keine Sekunde durfte ich aus den Augen gelassen werden, und dennoch durften unsere Gastgeber nichts davon mitbekommen. Ich war lange für diesen Moment vorbereitet, gar trainiert worden.

Ich warf aus Versehen eine Schale mit den Süssigkeiten um. Lange, gläserne, bunt gefärbte süsse Giraffen purzelten auf den Boden. Ich fluchte laut, brüskierte die Gäste. Die vermutlich durch Aerosole in der Luft sedierte Stimmung der Freudseligkeit, Eintracht und Gemeinsamkeit war unerwartet durchbrochen. Eine Ausnahmesituation für die Firma, man hätte nicht mit meinem Ausrasten gerechnet - so auch nicht mit Aktivkohlefiltern, die in meinen Nasenlöchern verborgen waren.
Meine Begleitung zog sich dezent zurück, als ich begann, in unbändiger Freude tobend, die Tische umzuwerfen und die hübschen Glaslampen an den mit Samt tapezierten Wänden zu zertrümmern. Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Einsatzkommando eintraf.

Es war kein Versehen gewesen. Es war alles genau so abgelaufen wie geplant und ich hatte die volle Kontrolle über meine Gehirn wieder. Mein kontrolliertes Ausrasten, der Willen, das Inventar der Firma zu zerstören und gegen mein möglicherweise zu sehr gewaschenes Gehirn anzukämpfen, war genug des Beweises meiner Loyalität zu meinen Befreiern. Ich war restlos habilitiert. Fast restlos. Denn der Name der Firma ist, abgesehen von einer schemenhaften Vorstellung eines blau leuchtenden Firmenlogos, komplett aus meinem Hirn gelöscht worden.

Freitag, 24. Oktober 2008

Was mach ich so mit Hunden?

Lange nix passiert hier. Aber lass mal den eigenen Mist wiederentdecken.
Hier also ein paar Klosprueche aus einem vietnamesischen Restaurant:

Willst du zum Festmahl Hunde töten,
brauchst du viele Hundeflöten.

Willst fritieren du den Dackel,
lass ihn springen in die Fackel.

Willst den Terrier du enthaaren,
musst mit dem Truck du drüberfahren.

Mit harter Faust und Manneskraft,
drueckst aus dem Terrier du den Saft.

Gar zickig ist die Boxer-Töle,
sie ist nur still im heissen Öle.

Gar bissig zeigt sich der Afghane,
spritzt man im Morphium, subkutane.

Gar schnell schlaeft ein ein Dobermann,
gibst du ihm eines mit der Pfann'.

Bei den Pinschern, die nix taugen,
tut's ne Gabel in die Augen.

Der Bullterrier, der Schweinehund,
wird in der Waschmaschine rund.

Ein Cockerspaniel ist gar teuer,
schmeckt aber lecker frisch vom Feuer.

Ein Chihuaha schmeckt gar lecker,
laesst zuvor lecken ihn am Stecker.

Auch fuer den Bobtail gibt's ka Rettung,
er stirbt spontan an Herzverfettung.

Gar effektvoll stirbt der Labrador,
am Airport durch den Flug-Rotor.

ChowChow durch die Flugzeugdüse,
schmeckt adäquat zu Grüngemüse.

Es schied dahin der Bernhardiner,
durch einen Army-Karabiner.

Gitterstaebe, Husky-Treiben
bringt das Fleisch sogleich in Scheiben.

Des Rasenmähers Rotorblatt,
setzt den kleinen Yorkshire matt.

Des Starkstromnetzes Spannungsteiler,
grillt gar knusprig den Rottweiler.

Faellt vom Turm die Kirchenglocke,
macht zweidimensional es flugs die Dogge.

Auch grausame Vierzeiler kommen vor:
Es wusst' schon Salomon der Weise
...dass ein Schosstier rennt im kreise
...wenn man ins Öhrchen macht ein Knötchen
...und haut nen Nagel durch das Pfötchen.



Und damit die Katzen auch noch was abkriegen:

Kotzt die Katze auf ein Sofa,
bind zur Straf' sie an ein Mofa,
faehrst damit die Strasse runter,
wird die Katze deutlich bunter,
Gib dosiert ein bisschen Gas,
ei das macht der Katze Spass.
Ist das Fell dann durchgescheuert,
man langsam wieder heimwaerts steuert.
Und ist die Miez noch nicht hinueber,
fahr einfach mit dem Mofa drueber.

Dienstag, 13. März 2007

Neulich im Religionsunterricht

"Liebe Kinder, diese Woche ist der Koran dran. Schreibt doch mal auf ein Blatt Papier, was euch zu Allah einfällt". Ja, das Thema ist durchaus wichtig, man ist ja weltoffen und tolerant, auch gegenüber religiöser Intoleranz von ausserhalb.

Auf dem Papier steht:

Allah ist maechtig,
Allah ist gross,
Ein Meter sechzig
- und arbeitslos.

Für diese Gotteslästerung gabs von Oma 2 Euro. Kein schlechtes Taschengeld für eine fast 9jährige.

Montag, 5. März 2007

Das Experiment

Wir standen dicht gedrängt, in neutral-weissen Krankenhauskitteln zwischen den Maschinen. Aufseher teilten die Gruppen ein, achteten darauf, dass sich keiner zu weit entfernte. Aus der Gruppe C schickten sie sie bereits durch die Maschine. Stahlschienen, Glasplatten, Schläuche, schnappende Hydraulikventile, vollautomatische Förderbänder, sich unmittelbar an den menschlichen Körper anpassend. Soeben tauchte aus der sich in den Boden abgesenkten Fördereinheit ein weiterer Körper auf - es war der einer Frau. Ihr Gesicht war starr, die zerbrechlichen Gliedmassen in die Halterung des Trägerkokons, der auf den Schienen durch einen Keilriemen vorangetrieben heranschoss, eingespannt.
Manche bekamen viel Geld, manche waren krank, man hatte ihnen Heilung versprochen. Kredite. Abdeckungen monatelanger Krankenhausaufenthalte. Doch keiner hatte vermutlich die Verträge gelesen, die er unterschrieben hatte.

Ich war in Testgruppe A12 eingeteilt. Wir waren noch nicht bereit für die Maschine. Wir wurden zum Ende der Halle geführt, an dem sich eine Zeile von Schränken befand. Die letzte Gruppe musste bereits den Sektor verlassen haben, Arbeiter desinfizierten die Geräte im durch eine Glasscheibe abgetrennten Nebenraum, warfen ihre Gummihandschuhe in die bereitgestellten Container.
An einem der Schränke befand sich eine Notiz.
"Testperson D1443 V.S.: Kritische Körpertemperatur unterschritten. Exit 09:46". Der Schrank war plombiert.
Mich packte eine schreckliche Ahnung. Ich lief zu einem der Aufseher, bat ihn um Auskunft. Es sei das erste mal, dass so etwas passiert sei, sagte er, zuckte hilflos mit den Achseln.
Ich hätte weinen können, konnte aber nicht. Rote Lampen leuchteten über den Schränken auf, die keine waren - mit einem hydraulischen Zischen öffneten sich die Türen, gaben den Blick auf einen halboffenen, vertikalen engen Tank frei. Noch unter Schock wurde ich sanft, aber bestimmt in die Reihe zurückgebracht. Wir mussten uns umdrehen, um rückwärts in die Tanks einzutreten. Wie von fern hörte ich die Stimme des Arztes, der uns beruhigte, uns vermutlich die Prozedur erklärte, aber ich verstand die Worte nicht, ich verstand nicht, was mit mir geschah. V. war tot.

Der Himmel zeichnete ein blassrosa bis orangenes Wolkenfetzenmuster über dem Gebirge, linkerhand lag die Bucht, kreischend-kreisende Möven und faulige Andockpfähle vervollständigten die Hafenszenerie. Ferien in Schottland zu machen wäre nichts ungewöhnliches gewesen, aber diese Bucht war nichts für Partygänger oder Mallorcaurlauber. Finstere Gestalten, herumlungernde Fischer und einige abgemagerte struppige Katzen bevölkerten den Hafen. Für Frachtschiffe war es verboten, den westlichen Fjordarm zu durchkreuzen, aber schon fuhr der nächste Piratenschoner beladen mit Diebesgut und einer Unmenge an Seilen und Schnüren mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Sperrzone.
Ein Fischerjunge warf mir einen Fisch zu, ich warf einen Fisch zurück. Es war einer dieser Natriumthiosulfat-Wärmebeutel in Fischform - Knicken des implantierten Knackfrosches löste die Reaktion aus und Hitze wurde frei. Er kannte das Prinzip nicht, und bat mich, es ihm zu demonstrieren. In dem Moment, in dem die Reaktion begann - ich muss abgelenkt gewesen sein - spürte ich einen Stich am Hals. Wenige Sekunden später begann ich zu fallen. Ins Dunkel.

Die Türen schlossen sich. Der Zylindertank, in dem ich eingeschlossen war, bekann sich mit einem sanften Summen abzusenken. Ein Kältegefühl schlich mir die Füsse hoch, eine kaum merkliche bläuliche Beleuchtung liess mich noch die Milchigkeit der Flüssigkeit, in die wir eingetaucht wurden, erkennen. Dann nahm ich nur noch wahr, wie sich mein Herzschlag verlangsamte, meine Sinne erlahmten, der Schmerz verschwand, und eine absolute Gleichgültigkeit in Bezug auf Leben und Tod eintrat.

Grelles Licht drang in meine Augen, weckte meine Sinne. Ich spürte das warme Licht einer Infrarotlampe, Stimmfetzen drangen an mein Ohr, die Rückkehr meiner Sinne ankündigend. Es war ein Gefühl einer Geburt, viele Menschen kümmerten sich sich gleichzeitig und angenehm hektisch um mich, Spritzen, EEGs, man leuchtete mir mit grellem Blaulicht in die Augen, ich musste den Mund öffnen, Pillen schlucken, einfache "ja/nein"-Fragen beantworten. Ein Arzt schüttelte mir die Hand. Ich war noch benommen, aber begriff: Ich hatte den Test bestanden. Ich hatte überlebt.

Mittwoch, 20. Dezember 2006

Kamera ab!

Kamera in Betrieb genommen. Bekam heute die Distanzbolzen, um endlich die Linse zu befestigen. Bisher waren nur Staubkoerner auf dem Sensor zu sehen, jetzt wirft das Ding Bilder. Mit einer Billiglinse fuer 19 Euro gehn nun die Grimassen auf den CMOS-Sensor, werden vorverarbeitet (je nach Bedarf) und uebers Ethernet rausgepustet. Fuer mich allein ein kleiner Meilenstein. Woah!

goekel macht woah.

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